Derzeit ist die Stimmung um Fachkräfte in unserer Unternehmenslandschaft sehr angeheizt. Die Auftragsbücher sind voll, das Geld in der Wirtschaft wird in Betongold gesteckt. Aber wer um Gottes Willen soll nachhaltig die Aufträge abwickeln? Nicht nur das Bauhandwerk klagt über fehlende Fachkräfte. Es herrscht ein Kampf um die Besten in unserer Branche.
Während Politik, Gesellschaft, Handwerk und Industrie sich darüber Gedanken machen, wie das Phänomen Fachkräfte vor dem Untergang gerettet werden kann und welche Strategien dafür geeignet erscheinen, sollte dringend nach geeigneten zielführenden Maßnahmen zur Fachkräftesicherung geschaut werden.
Nicht neue Strategien, nicht Zuwanderung, nicht interkulturelle Zusammenarbeit auch nicht eine familienfreundliche Unternehmenskultur können uns vor dem Zerfall der Sicherung für Fachkräfte bewahren. Sie können uns zwar einen Nebel um unseren unternehmerischen Aktionismus legen, aber in Wahrheit vor dem Aus am Ende nicht retten.
Der Fachkräftemangel ist im Kern eine Ursache der demographischen Alterspyramide und den Ausflüssen einer egogesteuerten Gesellschaft. Warum müssen heutzutage alle Jugendliche studieren und besser sein wie ihre Großeltern? Warum gibt es keine Kinder mehr, die ihr handwerkliches Talent entwickeln können? Warum sind wir arm an Ideen, die von höchster politischer Stelle nicht gefördert werden?
Es gibt zwar Projekte und eingesetzte Förderstellen in Kammern, IHK’s und Verbänden – aber das sind m.E. nur rechtzufertigende Maßnahmen, die zu spät greifen und die Ursache des Fachkräftemangels auf gesellschaftlicher Ebene nicht beheben können. Mit diesen Maßnahmen werden lediglich versucht, die Symptome zu bekämpfen. Eine kurzfristige Aktion mit wenig Erfolg auf Nachhaltigkeit. So wird die Digitalisierung beispielsweise als mögliche Lösung für den Fachkräftemangel propagiert. Ist das nicht eine Illusion, der wir unterliegen?
Was können wir also tun? Die Antwort ist einfach und naheliegend. Unser egokonzentriertes Denken ändern und in der Erziehung anfangen, Kindern Grundwerte mit auf den Weg legen, die uns vor einem arbeitsmarktpolitischen Exodus bewahren.
Vorschlag #1: Das Bildungsniveau ist drastisch anzuheben und breiter anzulegen
Der handwerklichen Ausrichtung wird wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Kinder mit handwerklichen Fähigkeiten werden kaum gefördert. Wollen wir in Deutschland diese wichtigen Fähigkeiten ausbluten lassen?
Vorschlag #2: Partnerschaften mit gleichtickenden Unternehmen
Mit gleichtickenden leistungsstarken Unternehmen gemeinsam ein Ausbildungskonzept entwickeln, das die Jugend von heute dort abholt, wo sie gerade stehen, nämlich in der Schule bzw. in der Ausbildungsstätte.
Vorschlag #3: Steuerliche Vergünstigung für Maßnahmen zur Fachkräftesicherung
Die Rekrutierung von passenden Mitarbeitern ist eine schwierige Aufgabe. Kleinere Unternehmen können sich diese Maßnahmen kaum leisten. Hier wäre es ein vernünftiger Ansatz, wenn es für den mittelständischen Unternehmer steuerliche Anreize gäbe, die den Rekrutierungsproess finanziell und strategisch unterstützen würden.
Vorschlag #4: Wertschätzende, menschenorientierte Unternehmenskultur etablieren
Die Chefs von heute benötigen eine andere Führungsmentalität wie früher. Die Menschen von heute suchen Wertschätzung und verbindliche Nähe zum Unternehmen. Vorbei sind die Zeiten der Hackordnung und der Kommandos. Entscheidungen werden im Team nachhaltiger gefällt.
Nur gemeinsam Hand-in-Hand lassen sich durch die Vernetzung von Politik, Wirtschaftsverbänden, Kammern sowie auf der Unternehmensebene diese Maßnahmen umsetzen mit dem Ziel, dass unser wirtschaftsstarker Mittelstand, das Handwerk, nicht ausblutet. Es lebe das Handwerk!
Ein Fachvortrag von unserem neu gewählten Mittelstandslotsen Prof.Dr.Becker im Rahmen der Just-Vortragsreihen bringt das Fachkräfteproblem auf den Punkt. Er sagt, wir haben zwei signifikante Probleme.
1. Das Verfügbarkeitsproblem. Wer bekommt den Nachwuchs am ehesten?
2. Das Leistungsproblem: Eine totale Leistungshingabe ist nicht mehr der Fokus der Lebensführung.
Können wir diese Probleme als Mittelständler überhaupt ausräumen? Ja! Wir können uns als Arbeitgeber entpuppen, der seine Mitarbeiter wertschätzt und wo die Mitarbeiter gerne bereit sind, sich einzubringen. Das ist meine persönliche Meinung. Heike Eberle